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Prolog
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begegnete Antje damals, oder besser gesagt, dem, was von ihr übrig
war, in einer norwegischen Kleinstadt in der Nähe von Oslo. Damals,
im Sommer 1977, befand ich mich gemeinsam mit meinem Freund Huth auf einer
Sommerreise nach Norwegen. Wir holperten mit seinem Kleinwagen samt einen
Mischlingsterrier, der auf den Namen »Ted« hörte,
durch die norwegische Tundra. Die Mittagszeit nutzten wir für eine
kurze Pause und schlenderten eine Baumallee am Rande eines verlassen wirkenden
Dorfes entlang und ließen uns unter einem schattigen Baum nieder.
Huth und ich teilten uns zwei Flaschen warmes, durchgeschütteltes Bier
und beobachteten das Schattenspiel der tanzenden Blätter, die der Sommerwind
seicht hin und her blies. Ich musste für eine Zeit eingenickt sein,
denn ich wurde durch ein lautes Fluchen wach, oder ich meinte jedenfalls,
es wäre ein Fluchen
Ted hatte das Weite gesucht und offensichtlich Mist gebaut. Er sauste mit
etwas im Maul an mir vorbei und hinter ihm her ein schreiender Norweger.
Nun begriff auch Huth den Ernst der Situation, pfiff lautstark nach seinem
Köter und lief hintendrein. Was für ein Auftritt. Kurz darauf
kam das Trio wieder zurück. Diesmal bildete Huth mit seinem Hund auf
dem Arm das Schlusslicht, ihm voraus stampfte ein wild fuchtelnder Norweger,
der mit dem Knochen in der Hand fast wie ein Dirigent für ein surreales
Theaterstück anmutete. Dabei stieß er unablässig zischende
und kratzende Geräusche aus, wie eine wild gewordene Lokomotive und
verschwand zwischen den nahen Dornenhecken. Verwundert folgte ich dem Trio
durch das üppige Gestrüpp und machte abrupt halt. |
as
war es also
Ted hatte sich nichts Böses gedacht und sich seinen
Knochen auf einem lange stillgelegten Friedhof ausgegraben. Der Norweger
zeigte auf die Kuhle, darüber lag eine bemooste Grabplatte, auf der
man deutlich den Namen »Antje Øklesund« erkennen
konnte. Naja, das war ja toll gelaufen. Alle unsere Beteuerungen und der
Versuch, die Knochenkuhle einfach wieder zu schließen zeigten auf
den Norweger überhaupt keine Wirkung. Er rang nach Luft: »Wissen
sie eigentlich, wessen Knochen Ihr Köter da grade ausgegraben hat?«
Ich war sprachlos: »Sie sprechen ja Deutsch!« »Ja, natürlich,
aber Fluchen kann ich nur in Norwegisch.« Nun ja, wir nutzten, ziemlich
verdutzt, sofort noch einmal Gelegenheit, uns ausgiebig zu entschuldigen
und versprachen Besserung, dafür bat uns der Norweger, der sich später
als ein »Herr Ingvasson« vorstellte, auf die Terrasse
seines Sommerhauses und erzählte uns die Geschichte von Antje Øklesund
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